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Nach einem reichhaltigen Frühstück (muß bei dem Preis schon mit dabei sein) sieht die Welt schon wieder ganz anders aus, und außerdem hat die Dame an der Rezeption meinen DAV-Ausweis auch nur gegen das Versprechen, zu Fuß über den Jochpaß zu gehen (allerdings mit Augenzwinkern), als Jugendherbergsausweis gezählt, trotzdem geht der erste Weg zur Talstation der Seilbahn. Auf der Fahrstraße bewundern wir auf den ersten zwei Kilometern die Unterhaltungsmaßnahmen der schweizer Armee, alle paar Minuten kommt ein Schwung Soldaten auf Klapprädern angeschossen, unten werden die Fahrräder in die Gondeln geladen und an der Zwischenstation von den nächsten in Empfang genommen, es scheint sichtlich Spaß zu machen und wir würden auch gern, haben aber noch mehr vor und machen uns schweren Herzens ans nächste Stück. Das geht zunächst noch eine Weile der Straße entlang, doch dann beginnt der Aufstieg zum Trüebsee, wir werden von zwei Mountainbikern überholt (bergauf!), beim nächsten steileren Stück haben wir sie ein- und überholt, danach wird es wieder flacher, und schon sind wir am Trüebsee, das sollen 800 Höhenmeter gewesen sein? Dem Ufer entlang führt ein fast schon zweispuriger, betonierter Weg, auf dem Pferdefuhrwerke mit Touristen ihre Runden ziehen, es sieht auch sonst eher kitschig aus und wenn wir nicht eine Pause bräuchten würde uns nichts hier halten. So kommen wir auch noch in den Genuß des Vorbeitriebs von ungefähr 200 Viechern (pünktlich zur Mittagszeit), das läßt sicher jedes Touristenherz höher schlagen und kurbelt den Verkauf der feilgebotenen Minikuhglocken an. Weiter geht's zum Jochpaß, der Weg ist nicht mehr mit dem Auto befahrbar, doch auch hier kommt die Seilbahn zum Titlis vorbei und bringt Mountainbiker (die eine eigene, markierte Piste haben, nur ein paar besonders Wagemutige fahren auf dem wirklich nicht sonderlich befahrbaren Fußweg, steigen dafür aber auch manchmal unfreiwillig ab, trotzdem beeindruckend, wo man überall fahren kann!) und Fußvolk ohne Anstrengung auf den Paß, den wir, leicht angeekelt, (es gibt u.a. ein Party-Zelt, daß man für besondere Events incl. Bewirtung mieten kann) schnell auf der anderen Seite wieder verlassen. Der Sessellift auf dieser Seite verläuft ein wenig abseits des Weges, es wird also ein wenig ruhiger, entspannen können wir jedoch erst wieder ab Engstlenalp, hier ist ein großer Parkplatz und ein Café.
Der Weg wird wieder schöner, nicht nur, weil kaum noch jemand unterwegs ist. An einer Kreuzung treffen wir einen lustigen, gerade Käse essenden Waldarbeiter, der uns den Weg (an der Absperrung vorbei, er macht ja eh gerade Pause) zeigt und fragt, wo's noch hingeht, es soll nämlich bald anfangen zu regnen. Und wirklich brauen sich graue Wolken zusammen, die wir bisher noch nicht gemerkt haben, und dabei sind es (die Wanderwegweiser haben nicht Kilometer sondern die Wegdauer als Entfernungsangabe) noch fast fünf Stunden nach Meiringen. Also Füße in die Hand und los, von der Gegend sieht man nicht mehr allzuviel, der einzige Blick gilt den Wolken (die immer dunkler werden und grollen) und der Straße, aber es bleibt trocken, jetzt "nur noch" ins Tal runter, in Meiringen treffen wir sogar noch zwei Jungen, die uns den Weg zur Herberge sagen können (es hat tatsächlich eine), da fängt es an zu schütten, rennen geht nicht mehr, doch die letzten 500m reichen aus. Und dann platzen wir auch noch mitten ins Abendessen, das hier ja Nachtessen heißt, obwohl es gerade erst sieben ist. Die Wirtin ist der lebende Beweis, das Freundlichkeit nicht im Preis (SFR 30,-- pro Person und Nacht im 16er-Zimmer, allerdings mit Frühstück) enthalten sein muß, ihr Mann ist da schon entgegenkommender und zeigt uns das Zimmer und einen Platz zum Trocknen für die nassen Sachen. Nebenan wird ein Kindergeburtstag gefeiert und bis elf Uhr ist kein Auge zuzubringen, trotzdem sind wir dankbar, ein festes Dach über dem Kopf zu haben.

Fast schon auf dem Jochpaß noch ein Blick zurück auf den Trüebsee