Spezielles » Lesefutter » Schweiz ´02 » 12. Tag
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Über nacht war wohl das Feuer ausgegangen, am nächsten Morgen
war es nämlich empfindlich kalt in der kleinen Hütte, wir
staunten auch nicht schlecht, als wir am Hang gegenüber, vielleicht
100m höher, Neuschnee entdeckten, und das Anfang August! Und dann
auch noch der eisige Wind. Die einzige Waschmöglichkeit, die wir
sahen, bestand aus einem Brunnen, die Morgentoilette beschränkte sich
also auf ein kurz angebundenes Waschen von Gesicht, Hals und Armen, mehr
war nicht drin, dafür waren wir sehr schnell sehr wach. Beim
Frühstück waren doch deutlich weniger Leute da als am Vorabend
(wahrscheinlich wegen dem durchwachsenen Wetter), und dann hat uns niemand
gesagt, daß man fragen muß, an welchen Tisch man sich setzen
darf. Die mit schöner Aussicht waren dann nämlich doch nicht so
frei, wie sie aussahen und auch noch blieben. Sehr seltsam.
Trotz Wind und Schnee und Schmuddelwetter, gut verpackt und bemützt,
sind wir dann doch irgendwann losgezogen, nach einem (von hier oben eher
niedrigen) Paß kamen wir in die Plaun la
Greina, man kommt sich vor wie irgendwo in Island, so weit und eben
ist das Tal, so niedrig der Himmel. Fehlt nur noch der vulkanisch beheizte
Badesee. Einen Fluß hatte es hier, aber der war eher wenig
einladend. Zeitweise schaute auch die Sonne heraus, und wenn der Wind
etwas nachließ wurde es sehr angenehm. Zwei Wandererinnen
versteckten sich - wahrscheinlich der einzige wirklich windstille Platz -
am Hang in einer leichten Mulde und genossen im Regencape eingewickelt
einen Tee, der beste Platz war also schon vergeben aber beim Laufen friert
man auch nicht. Außerdem ging es bald auf den nächsten
Paß, das es unser letzter werden würde, ahnten wir noch nicht.
Noch ein letzter wehmütiger Blick zurück und schon geht es auf
der anderen Seite hinab zu Orten mit so klangvollen Namen wie Puzzatsch oder Vrin. Bis dahin ist
es aber noch ein weiter Weg, der, hier stauen sich irgendwie
sämtliche Wolken der Alpen, immer mehr zur Schlammschlacht ausartet.
Wir scheinen auch nicht die einzigen zu sein, die um die
gerade eben durchlaufene Schönheit wissen, es kommen uns so viele
Wanderer entgegen wie sonst nirgendwo. Schnell wird die Meinung,
Kühe hätten den Weg so zugerichtet, zumindest teilweise
revidiert, obwohl sich eine Mitschuld sicher nicht leugnen
läßt. Irgendwann schaffen wir es auch nach Lumbrein, einen
Laden hat es dort nicht und wir gehen (an der Straße, endlich wieder
schlammfreien Boden) weiter bis zum nächsten Ort. Mittlerweile ist es
Nachmittag geworden und sämtliche Läden haben
mittwochnachmittags geschlossen. Prost Mahlzeit. Auch das rechte Knie will
nicht mehr so recht, wahrscheinlich hat es die Tour gestern nicht ganz
vertragen, bergauflaufen ist okay, bergab mach aber keinen Spaß.
Auch mit der weiteren Routenplanung gibt es Probleme, das Wetter hat uns
doch den einen oder anderen Strich gemacht und mittlerweile führt der
Weg entweder 40km außenrum oder über 2700m, was nicht so
schlimm wäre, hätten wir uns nicht auf 900m hinabgelassen. Dann
sind wir auch noch auf der verkehrten Talseite und der Weg geht durch die
Schlucht 200m weiter unten. Auf halbem Weg finden wir eine einladende
Scheune, es ist zwar noch ein wenig früh aber es gibt noch Schlaf
nachzuholen und so verbringen wir eine Nacht im Heu.