Spezielles

Etwas süßes zum Abschluss? Da zögert der Küchenanarchist: Süßspeisen verlangen peniblen Umgang mit Waage und Messbecher. In manchen Kochbüchern ist sogar vom Zuckerthermometer die Rede! Gott sei Dank gibt es ein paar süße Rezepte, die genug Platz für Kreativität lassen. Mit Beispielen dafür endet das diesjährige

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Seit Barbara durch die unerklärliche Pracht ihres Gartens abgelenkt wird, gibt es in unsersm Haus keine Süßspeisen mehr. Das hat zur Folge, dass ich in dieser letzten, dem Dessert geweidmeten Folge etwas ratlos bin. Meine Fähigkeiten in der Küche enden dort, wo grammgenau mit Mehl und Zucker hantiert werden muss. Auf dritte Ratheber verlasse ich mich nicht mehr, seit die Zitronenmousse des seligen Alaun Chapel unter ZEIT-Lesern mehr Unruhe gestiftet hat als des Kanzlers neuer Maßanzug.

Also Beschäftige ich mich im Folgenden mit dem unsterblichen Parfait in seinen schönsten und leckersten Versionen.

Ein Parfait ist der Kompromiss zwischen der infantilen Eistüte und der meterhohen Frosttorte beim Galadiner sizilianischer Opernfreunde. Sein größter Vorzug ist das Fehlen von Mehl; sein Nachteil die eindrucksvolle Menge seiner Kalorien. Musterbeispiele sind das hier vor Jahrzenten schon populär gemachte Zimtparfait und das Parfait Grand Marnier. An sie werde ich weiter unten erinnern. Zunächst aber

Gâteau Berbelle

Dieses Rezept ist ebenfalls ziemlich alt und stammt aus der Krativepoche, als es mir und der Gärtnerin auf ein Ei oder 100 Gramm Schokolade mehr oder weniger nicht ankam. Immerkin verfügen wir heute über bessere Schokolade als damals, und die Eier können sogar dioxinfrei sein, wenn wir sie beim Bioproduzenten kaufen.

Dieser flache Kuchen ist die ultimative Torte für emanzipierte Feinschmecker. Nicht dicker als ein Daumen (männlich), von Schlagrahm zurückhaltend gekrönt und feinstes Schokoladenaroma verströmend, dabei so schwack gesüßt, dass die lieben Kleinen abgehalten werden, sich ameisenhaft darüber herzumachen. Wie bei jeglicher Speise ist die Qualität der Zutaten auch bei einem simplen Kuchen entscheidend. Vor allem. wenn er so simpel gar nicht ist. Die Herstellung schon, die ist einfach, sofern man sich darüber im Klaren ist, dass ein delikater Kuchen nicht aus einem backfertigen Pulver enstehen kann.

Bei den Zutaten kommt es vor allem auf die Schokolade an. Seit es die bittere Valrhona gibt, stellen auch andere Produzenden gute Schokolade her. Das bedeutet für dieses Rezept: 70 Prozent Kakaoanteile muss sie haben. Wir brauchen also:

1 Tafel Schokolade (100g)
140g Butter
120g Zucker
90g Mehl
3 Eier
1 Prise Salz
200g süße Sahne
2½ EL weißen Rum
2 EL gestiftelte Mandeln
1 Messerspitze Backpulver

Es fängt an wie bei jedem Kuchen. Die Eigelbe werden mit dem Zucker und der zimmerwarmen Butter schaumig gerührt. Das macht die moderne Kuchenbäckerin mit der Küchenmaschine. Dann rückt der Hausherr den weißen Rum heraus, welcher mitverquirlt wird.

Danach stehen beide vor dem Problem, den nächsten Schritt ohne Maschine erledigen zu müssen: die Schokolade wird in Stücke gebrochen und in einer kleinen Kasserolle geschmolzen. Der Topf muss einen schweren Boden haben, und die Hitze darf nur schwach sein, weil sonst die Schokolade anbrennt.

Diesen Vorgang kann man natürlich um Wasserbad erledigen, was sehr professionell klingt und die Gefahr der anbrennenden Schokolade reduziert. Aber wie so oft bei fachmännischen Anweisungen ist der ganze Aufwand unnötig, weil es auch einfacher geht. Ist die Schokolade flüssig, gießen wir sie gemeinsam in die buttrige und süße Eiermasse, worin der Hausherr mit einem altmodischen Schneebesen herumrührt, damit sich alles miteinander vermischt.

Vom Erfolg überwältigt, gönnt er sich erst einmal eine Pause, in der die Gärtnerin Mehl und Backpulver durch ein Sieb in die dunkle Masse rührt; wahrscheinlich wieder mit der Maschine.

Nun werden die 3 Eiweiß mit einer Prise Salz sehr steif geschlagen. Der Traditionalist benutzt dazu eine halbkugelige Kupferform und den Schneebesen, weil, wie er behauptet, auf diese Weise der Eischnee luftiger und gleichzeitig fester wird. Von dem wird eine kleine Menge (2 EL) unter den Teig gerührt, das macht ihn geschmeidig, dann heben wir den Rest vorsichtig mit dem Gummispatel unter, bis nichts Weißes mehr zu sehen ist. Zweite Pause.

Der Rest ist gefahrlos. Eine Springform von 18 cm Durchmesser ausbuttern und mit dem Teif füllen. Auf den untersten Rost des 200 Grad heißen Ofens stellen. Nach 15 Minuten die Mandeln auf den Teig streuen und die Temperatur auf 180 Grad zurückschalten, weitere 20 Minuten backen. Erkalten lassen, aus der Springform nehmen und in Alufolie einpacken. Einen Tag durchziehen lassen. Vor dem Servieren dünn mit gesüßter Schlagsahne bestreichen.

Da Sie von den hingerissenen Mitessern sofort um das Rezept gebeten werden, wäre es sehr liebenswürdig, wenn Sie den Erfinder erwähnen würden. Es war die Gärtnerein…

Die Herstellung von Parfaits ist dagegen ist nicht originell. Außerdem ist sie so einfach, dass ich mich wundere, wie selten in den Privathaushalten ein Parfait auf den Tisch kommt. Vielleicht sind die Profiköche schuld daran. In ihren Kochbüchern wird nämlich fast immer eine völlig sinnlose Umständlichkeit verlangt. Da ist vom Zuckerkochen die Rede, wozu man ein Zuckerthermometer brauche. Wahrscheinlich stammt diese Methode aus der Zeit, als in den Küchen noch mit Zuckerhüten gearbeitet wurde.

Heute ist dieser Aufwand nicht mehr nötig; wer hat schon ein Zuckerthermometer?

Parfait, Grundmasse

Für 6 Personen braucht man:
5 Eigelbe
120g Zucker
½l süße Sahne

Somit ist der erste Schritt bei der Herstellung von Parfaits stark vereinfacht und vereinheitlicht. Erst wenn die Grundmasse aus Eigelb, Zucker und Sahne fertig ist, beginnen die Variationen. Und die sind sehr zahlreich. Dazu ist zu sagen, dass die Qualität von Sahne unterschiedlich sein kann. Es existiert eine UHV-erhitzte Sahne, die schmeckt ziemlich scheußlich und lässt sich schlecht schlagen; andererseits gibt es fertige Schlagsahne aus der Sprühdose, die vielleicht bei Kindergeburtstagen Spaß machen kann, in der Küche anspruchsvoller Esser aber nichts zu suchen hat. Also nur frische, fettreiche Sahne verwenden!

Auf die Notwendigkeit, auch beim Kauf der Eier auf Qualität zu achten, muss ich wohl nicht extra hinweisen.

Was den Zucker angeht, so ist die Mengenangabe nicht verbindlich. Mal sollte berücksichtigen, wer mit am Tisch sitzt. Kinder können es nicht süß genug haben; Erwachsene sind genügsamer. So begnüge ich mich bei 5 Eiern mit 100 Gramm. Vor allem, wenn das Parfait von einer Fruchtsauce oder einem -kompott begleitet wird, ziehe ich dessen Charakter ins Kalkül. Schließlich spielt bei einem Parfait Alkohol oft eine Rolle, jedenfalls in meiner Küche. Anders als in Saucen, wo der Alkohol durchs Kochen völlig verfliegt, bleibt er in Halbgefrorenem erhalten. Das ist nicht jedermanns Sache, da muss man den Schnaps schon mal weglassen können.

Also die Eigelbe mit dem Zucker so lange rühren, bis eine glatte, sehr helle, schaumige Masse entsteht. Diese wird mit den jeweiligen Aromen und danach mit der steif geschlagenen Sahne vermischt. Dann fülle ich die Masse in eine Porzellanschüssel und stelle sie drei Stunden ins Eisfach des Kühlschranks. Danach ist die Masse halb gefroren, also Parfait geworden.

Zimtparfait

Nun zu den jeweiligen Aromen. Die erste Version ist das klassische Zimtparfait. Es ist geradezu simpel in der Herstellung. Denn in der Zucker-Eier-Masse verrühre ich 1 1/2 gehäufte EL Zimtpulver, alles andere wie gehabt. Wenn Alkohol erwünscht ist, sollten es 2 EL Cognac sein, welcher gleichzeitig mit dem Zimtpulver untergezogen wird.

Dünne Fruchtkompotte sind ein passendes Extra, und zum Zimtparfait schlage ich eine Pflaumensauce oder ein Kirschkompott vor.

Für die Pflaumen brauche ich weiche und feuchte Trockenpflaumen, entsteint. Sie werden in mit Honig gesüßtem Rotwein so lange gekocht, bis der Wein zu einem süßen Sirum wird. 2 mitgekochte Gewürznelken verfeinern das Aroma. Auch kann man die Pflamensauce mit Pflaumenschnaps aromatisieren; dann aber ist im Zimtparfait der Cognac überflüssig. Die Pflaumen bleiben trotz des Köchelns intakt, und mutwillige Helfer können mit dieser Fruchtsauce ruhig experimentieren. Sie lässt sich einen oder zwei Tage im Voraus herstellen. Nur beim Honig sollte man sich von den dunklen, bitteren fernhalten wie Tannenhonig und Kastanienhonig.

Kokosparfait

Die oben angegebene Menge Grundmasse für 6 Personen kann man natürlich halbieren. Da sie ohnehin reichlich bemessen ist, genügt die Hälfte sogar für je 4 Esser. Mit der Grundmenge kann man aber auch zwei verschiedene Parfaits gleichzeitig auf den Tisch bringen. Dafür wird die fertige Eier-Zucker-Grundmasse habiert und die beiden Hälften seperat gewürzt. Die eine Partie vermische ich mit 3 EL Kokosflocken, welche kurz vorher in 3 EL Kokosmilch eingeweicht wurden. Dahinein gebe ich 2 TL Zitronensaft, bevor die Kokosmasse mit der Eiermasse vermischt wirds. Die Zitrone ist unerlässlich, weil sie als Kontrastmittel zum nur milden Geschmack der Kokosnuss benötigt wird.

Um den Kokosflocken mer Profil zu geben, gibz es noch eine andere Möglichkeit: Ich lege eine Handvoll Rosinen in weißen Rum ein, sodass sie sich richtig vollsaugen. Die mische ich unter die fertige Parfaitmasse. Zwar sinken die Rosinen dickköpfig auf den Boden der Schüssel. Aber was schadet es? Der Geschmack ist wunderbar.

Ingwerparfait

Hier brauche ich für die 3-Personen-Menge (die auch für 4 reicht) 1 gehäuften EL frisch geriebene Ingwerwurzel sowie 2 TL Ingwerpulver. Erst unlängst habe ich mich überzeugen lassen, dass es pulverisierten Ingwer auch in befriedigender Qualität gibt, also nicht matt und milde, sondern scharf. Das findet man verständlicherweise nur dort, wo der Umsatz groß ist, also im Asienshop. Ansonsten ist alles wie gehabt: mit der Eier-Zucker-Masse vermischen, die Schlagsahne unterziehen und ab in die Kälte.

Anisparfait

gehört zu meinen bevorzugten Parfaits. Für Kinder und Temperenzler nicht geeignet: Der umwerfende Geschmack stammt nicht von Anissamen, mit denen man Brot backt, sondern aus der bösen Schnapsflasche, wo Pastis draufsteht. 2 EL Pernod oder was sonst die Hausbar hergibt werden als Minimum gebraucht, und das ist nichts für werdende Mütter.

Darüber hinaus gibt es keine Unterschiede zum Urparfait – wenn man davon absieht, dass diese Version in unserem Kleingärtnerverein die Beliebtheitsskala anführt.